Wer drei Gegentore kassiert, besitzt zwecks einem Punkte-Zuwachs normalerweise schlechte Karten. Diese Fußballfloskel wurde vom RSV Germania 03 aber mal sowas von ad absurdum geführt. Weil das entfesselt stürmende Kreisliga B – Team laut Adam Riese alle sechs Minuten das Runde im Eckigen versenkte, zerlegten die Mannen von Coach Ben Talib den hoffnungslos auf verlorenem Posten stehenden SKV Hähnlein mit dem mythischen Ergebnis 15:3! 

 

Jegliche Rückfagen wegen eines akustischen Übermittlungsfehlers „mussten“ die blau-weißen Informanten klar und deutlich verneinen. Dieser Fabel-Score kristallisiert nicht mehr und nicht weniger den höchsten Ligamatch-Sieg der traditionsreichen Klubhistorie seit Kriegsende (zuvor 12:0 gegen SKG Bickenbach im Mai 2008).

 

Apropos Bickenbach: Der geschichtsträchtige Nachmittag am Grünen Steg begann für die Germanen betreff dem Beute-Ertrag mit einer Enttäuschung. Im C-Klassen – Toppduell gegen die Zweitvertretung der SKG quittierte das Kreisliga C – Ensemble höchst unglücklich die erste Saisonniederlage (0:1), obwohl man den Branchenprimus über weite Strecken dominierte und quasi lediglich an der eigenen Chancenverwertung scheiterte.

 

Wie ein effektives Einschweißen funktioniert, wurde den Kickern der „Zweiten“ direkt im Anschluss durch einen berauschenden Anschauungsunterricht ihrer Erstmannschaftskameraden demonstriert. Drei Tage, nachdem der ewige Traum vom DFB-Pokalfinale in Berlin wieder mal zeitig geplatzt war (0:2 in der ersten Kreispokalrunde am Donnerstagabend gegen den zwei Etagen höher wohnenden Kreisoberligisten SV Traisa) ballerten sich die Germanen nach allen Regeln der Offensivkunst den Frust von der Seele.

 

Auf dem Parcours an der Ostendstraße ging Goalgetter Max Meier sofort aus dem Sattel, indem er den Ball nach einer präzisen Hereingabe von Mehmet Köroglu ins Ziel bugsierte. Ungeachtes des anschließend vom Ex-Germanen Waldemar Burbach gewonnenen Schönheitspreises (perfekter Schlenzer in den Knick) drückte der Hausherr fortan gewaltig auf das Gaspedal. Als eine weit gezogene Flanke von Sommer-Neuzugang Paul Wolf hinter dem verdutzten Keeper Marcel Fischer in den Maschen landete, brachen beim SKV jegliche Defensivdämme.

 

Bis zur Pause wurde dank permanenter Aufstockung der Code für die Proviant-Verteilung früh entschlüsselt. Aufgrund des bei Halbzeit gültigen 6:2 erinnerten sich die Zuschauer an den letzten Hähnleiner Besuch Anfang Mai in Pfungstadt (Endstand 9:4). Dass der zweite Tag der offenen Tür im Vergleich mit dem SKV aber noch weitaus opulentere Dimensionen annehmen würde, hatten die heimischen Supporter kaum auf dem Zettel stehen.

 

Spätestens nach dem 7:2 wirkte der Gast sowohl konditionell als auch moralisch platt wie eine Flunder und konnte sich den RSV-Angriffslawinen nicht mehr erwehren. Ähnlich verzweifelt muss sich die spanische Armade 1588 während ihrer Niederlage gegen England nebst dem Verlust der Seemacht gefühlt haben.

 

Jeden einzelnen Treffer explizit schriftlich zu fixieren, würde selbstredend den Rahmen dieses Berichts sprengen. Immerhin konnte sich der frustrierte SKV damit trösten, das vielleicht optisch schönste Tor dieser denkwürdigen Auseinandersetzung zur 3:13-“Kosmetik“ zu erzielen (Schuss von der Mittellinie ins Netz).

 

Davor und danach verzückten die Germanen ihren Anhang mit einem Einschlag-Stakkato ohnegleichen. Für solche Leistungen führte vor 74 Jahren Theodor „Papa“ Heuss – seines Zeichens erster deutscher Bundespräsident –  das Bundesverdienstkreuz ein. Mit diesem Resultatshammer konnte am Sonntag höchstens noch die Pokalauslosung des endspielwürdigen Evergreens Darmstadt 98 vs. Schalke 04 mithalten. Zudem vermeldeten die Chronisten ein weiteres Novum: Durch die sich entspannende Personalsituation durfte Ben Talib als erster RSV-Trainer aller Zeiten vier Auswechslungen in einer Liga-Partie vornehmen.

 

Dank dem vierten Sieg en block bekräftigte der Rasensportverein seinen lange nicht mehr erlebten Aufenthalt in einer tabellarischen Spitzengruppe. Nach vier nonstop bzw. ligaunabhängig von Verstrickungen im Kampf um den Klassenerhalt geprägten Spielzeiten repräsentiert der Höhenflug natürlich Labsal für die blau-weiße Seele. Aber natürlich werden sich die gebrannten RSV-Kinder jetzt nicht auf das hohe Ross setzen, sondern bodenständig anstreben, ihre in den zurückliegenden Jahren verblasste Reputation Step by Step wieder aufzupolieren.

 

Aufstellung: Rehak, Wolf, Buth, Kalai (57. Al Hadid), Botezatu, Dommert (55. Merzak), Velez Gomez, Meier, Köroglu (76. Tabtab), Rippert (76. Caruso), Laston

Tore: 1:0 Meier 5. 1:1 Burbach 9. 2:1 Wolf 17. 3:1 Meier 21. FE 4:1 Rippert 23. 5:1 Meier 34. 5:2 Kolbe 35. 6:2 Laston 45. 7:2 Meier 51. 8:2 Botezatu 54. 9:2, 10:2 Laston 58., 61. 11:2 Köroglu 66. 12:2, 13:2 Rippert 72., 74. 13:3 Burbach 82. 14:3 Meier 87. 15:3 Merzak 90.

 

Befreit von der Profi-Konkurrenz (Länderspielpause) können sich die germanischen Fans am kommenden Sonntag ohne fußballerische Nebengeräusche auf den ersten Septembereinsatz fokussieren und haben beim Studium des Ausflug-Matchorganigramms die Qual der Wahl: Müllersteich oder Weiterstädter Stadtteil.

 

Während die „Zweite“ zum Vergleich zweier Mitglieder der oberen Kreisliga C – Tabellenhälfte ab 15Uhr30 bei DJK/SSG Darmstadt antritt, ertönt das Kick-off – Signal des B-Klassen – Teams beim TSV Braunshardt eine halbe Stunde eher (15Uhr). In der vergangenen Saison stritten sich die Opponenten erstmals um Punkte, wobei der RSV vergeblich einem Sieg hinterher jagte (2:2 zu Hause, 2:3 auswärts). Diese kleine Negativstatistik soll jetzt beim dritten Duell ausbalanciert werden.